Tag 098 - Immer noch kein Visum
FR, 03.07.2015 – Immer noch kein Visum
Trabzon – Erzurum
Rückfahrt nach Erzurum
Mit dem Bus fahre ich mit drei Stunden Verspätung ab - bei der Herfahrt von Erzurum war es gut eine Stunde. Damals lag es aber am Bus, heute daran, dass ich genau zwei Stunden zu spät aufwache. Den Bus um 7 kann ich also nicht erreichen, da ich erst um 8 aufwache. Für den nächsten um 10 reicht es aber locker. Weil die Fahrt aber 5 Stunden dauert, wird es knapp werden mit dem Besuch des Konsulats in Erzurum. Denn nach der – hoffentlich nicht verspäteten – Ankunft muss ich erst mein Rad wieder bepacken und dann eine gute Viertelstunde fahren. Ankommen werde ich wohl gegen 15 Uhr, um 16 Uhr wird das Konsulat geschlossen. Laut Adems Telefonat von vorgestern brauchen die eine Stunde, um das Visum zu erstellen. Da bin ich ja mal gespannt, ob das klappt. Knapper könnte es kaum sein. Sonst müsste ich bis Montag warten, also das ganze Wochenende hier verbringen. Die Zeit könnte ich sicher gut füllen, entspannen aber bestimmt nicht.
Die Fahrt ist verhältnismäßig kurz. Denn ohne die vielen Tunnel gäbe es noch mehr enge Kurven, die der Bus bewältigen müsste. Aber bald werden es noch weniger, denn es wird hier sehr viel gebaut. Bei einem kurzen Halt gehe ich auf ein polnisches Pärchen zu (ca. 25). Sie sind per Anhalter und dem Bus unterwegs und wollen auch in den Iran. Sie haben ebenfalls Probleme mit dem Visum und warten schon länger darauf.
Ankunft beim Konsulat
Der Bus kommt pünktlich an und ich habe noch über eine Stunde, bis das Konsulat schließt. Das erleichtert sehr. Allerdings habe ich bei der Fahrt in die Stadt natürlich wieder Gegenwind. Die Fahrt bis zum Konsulat dauert also nicht die geschätzten 15 Minuten, sondern eine gute halbe Stunde. Wenigstens helfen mir zwei Jungs (ca. 20), die mir auf ihren Rädern hinterherhecheln, den Weg ins Zentrum zu finden. Denn den habe ich immer noch nicht ganz rausgefunden. Auf dem Konsulat wird mir gesagt, ich müsse zuerst einen Betrag für das Visum überweisen. Entweder 50€, dann würde ich es in kürzester Zeit erhalten. Oder 80€, dann dauere es eben etwas länger. Da aber schon kurz vor Dienstschluss sei, werde es heute sowieso nichts mehr, ich brauche also nur 50€ überweisen und solle dann am Montag um 9 wieder kommen. Die Einreise in den Iran verschiebt sich also schon wieder. Und dieses Mal ist es allein meine Schuld. Denn ich hätte heute – so wurde mir jedenfalls gesagt – noch ein Visum erhalten können. Und ich bin trotz der späten Abfahrt davon ausgegangen, dass es doch noch klappt. Nun muss ich hier in Erzurum bleiben. Das ist eine der höchsten Strafen. Und ich werde leider erst nach dem hundertsten Tag meiner Tour im Iran ankommen. Wenigstens wird es am Montag wohl klappen, da kann jetzt wirklich nichts mehr dazwischenkommen. Also gehe ich zur Bank und überweise das Geld.
Unterkunft
Ich schaue mir verschiedene Hotels an, lande aber wieder beim dem, in dem ich schon bei meinem ersten Besuch übernachtet habe. Ein Fehler. Denn der französischsprechende Mitarbeiter ist gerade nicht da. Eigentlich nicht so schlimm, denn die anderen kennen mich noch, sind nett. Aber bald merke ich, was mir hier nicht passt: Ich habe hier keinen Tisch, an dem ich schreiben kann. Auf dem Bett zu arbeiten ist bei diesen Temperaturen kaum möglich. Die letzte Woche in Trabzon hat der Tisch ebenfalls gefehlt, dafür konnte ich im Salon ganz oben wunderbar bei frischer Luft arbeiten. Zudem ist die Internetverbindung hier wieder ziemlich schlecht.
Um kurz vor 8 komme ich aus dem Hotel und fahre noch ein bisschen rum. Ein Traum! Nicht, weil mir die Stadt so gefällt, sondern weil die Temperatur inzwischen sehr angenehmen ist und vor allem, weil so gut wie niemand auf der Straße ist. Alle sind jetzt, kurz nach Sonnenuntergang, dank dem Ramadan am Essen. Beim Einkauf im riesigen Migros stelle ich auch die Hälfte der Kundschaft dar. Es ist so somit auch schön, spontan ein wenig durch die verschiedensten Winkel und Gassen der Stadt zu fahren, ohne permanent Autos und Fußgängern ausweichen zu müssen. Da ich mich dazu entschlossen habe, morgen in ein anderes Hotel zu wechseln, schaue ich mich jetzt schon um. Manche sind mir zu abgelegen und schließlich komme ich wieder auf eines zurück, bei dem ich heute Mittag schon vorbeigeschaut habe. Jetzt ist ein anderer Mitarbeiter da, Ali. Er spricht ziemlich gut Deutsch, da er für ein Erasmussemester in Wien war. Er arbeitet hier nur abends, tagsüber studiert er Wirtschaft. So frage ich ihn – nicht unbedingt in Erwartun einer erfreulichen Nachricht, ob man hier abends ausgehen könne. Es gebe hier einige Bars und Diskos, meint er, aber die haben während dem Ramadan alle geschlossen. Eine andere Antwort hätte mich auch gewundert.
Spät abends gehe ich noch mal raus um dabei auch rauszufinden, woher denn die lauten Frauenstimmen kommen, die mir schon beim letzten Aufenthalt aufgefallen sind. Sie kommen von jungen Müttern, die ihre Kinder unterstützen, die auf der Straße Fußball spielen. Fotografieren kann ich die Kicker. Leider verschwinden Mädchen und Frauen von ihren Gruppen oft ziemlich schnell, wenn sie merken, dass ein Foto gemacht wird, schade.