Tag 088 - Mit dem Bus auf der Hauptroute der Radler
DI, 23.06.2015 – Mit dem Bus auf der Hauptroute der Radler
Doğubeyazıt – Erzurum
Sonnenaufgang zwischen den beiden Ararat
Das wahrscheinlich Beste des Tages passiert mir durch das Aufwachen: ich werde sehr früh wach (ca. 4:45) und merke, dass es dämmert. Sofort gehe ich aufs Dach, um den Sonnenaufgang zwischen dem Großen und dem Kleinen Ararat zu beobachten. Gerade rechtzeitig, 5-10 Minuten später hätte ich ihn verpasst.
Weil gestern um 7:30 schon viel vom Buffet weg war und weil ich um 8 mit dem Bus nach Erzurum fahren will, bin ich um kurz nach 7 beim Frühstück. Das volle Angebot gibt es aber wohl nur, wenn es genügend Gäste gibt und das ist heute anscheinend nicht der Fall. Es gibt also keine Melone und nicht mal Gurken. Deshalb beende ich mein Frühstück sehr schnell und hoffe, in Erzurum was Ordentliches zu kriegen.
Beim Losfahren vom Hotel merke ich, dass wieder jemand an der Schaltung meines Rads rumgespielt hat. Gestern waren es sicher die Kinder, jetzt können sie es aber nicht gewesen sein, da sie seit gestern Abend nicht anwesend waren. Somit kommen nur die erwachsenen Angestellten in Frage. Es ist noch alles ganz, aber es stört mich, dass die hier wirklich an allem rumfummeln müssen.
Am Busbahnhof
Rechtzeitig bin ich für den 8-Uhr-Bus am Busbahnhof, der nur 5 Fahrminuten vom Hotel entfernt ist. Kinder und Jugendliche sind zum Glück noch nicht auf der Straße, der Tag geht also gut weiter. Der Bus fährt allerdings nicht stündlich wie mir gestern gesagt wurde, der nächste startet erst um 9:30, danach um 13:00. Ich kann also noch 90 Minuten warten und gehe davon aus, im Konsulat niemanden mehr zu erreichen. Schließlich ist Ramadan und viele machen früh zu. Weil mir dann wohl auch noch das Wochenende dazwischen kommen wird, muss ich mindestens bis nächste Woche warten, um das Visum für den Iran zu erhalten. Meine Wut hält sich aber in Grenzen, schließlich bin ich das inzwischen gewöhnt. Aber dieses Land verliert immer mehr von meiner Sympathie. Ich muss raus aus diesem Land, in dem ich fast nur noch Männer sehe. Vielleicht kann ich mich in Erzurum ja etwas entspannen, aber ich gehe nicht zwingend davon aus. Richtiges Entspannen wäre für mich das schon lang ersehnte Erreichen des Iran. Einfach wieder Rad fahren, weiterkommen können, Neues und vor allem Positives erleben. Der Iran wäre somit die Rettung für diese Reise, bei der wenigstens am Ende die schlechten Erfahrungen ausbleiben könnten. Hoffe ich jedenfalls.
Busfahrt auf der Hauptroute in den Iran
Am Busbahnhof sehe ich einen älteren Mann (ca. 50), der ebenfalls mit dem Rad unterwegs ist und dessen Bus gleich abzufahren scheint. Ich frage ihn, wo er hin will – nach Erzurum. Ich gehe sofort zurück zum Schalter und mache klar, dass ich ebenfalls mit diesem Bus fahren will anstatt noch über eine Stunde zu warten. Das scheint zu gehen, da sind sie hier flexibel. Es geht aber ein paar Minuten, bis ich meine 30 Lira für den Fahrschein wieder habe. Da es am Schalter nur 100 Lira-Scheine gibt, muss der Mitarbeiter erst durch die halbe Halle watschen, bis er jemanden findet, der Geld wechseln kann. Aber ich schaffe es noch auf den Bus – diese fahren zum Glück fast immer 5 Minuten später ab als geplant.
Während der Fahrt unterhalte ich mich mit Anders aus Nordschweden. Er hat seine Tochter in Erzurum getroffen und ist mit ihr nach Doğubeyazıt geradelt. Sie war davor alleine unterwegs (unter anderem in Mardin, Hasankeyf und Diyarbakır) und hat keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht. Das ist gut so, denn ich habe die beiden kurz im Zentrum gesehen, als ich vorgestern mit dem Velo zum Hotel gehetzt bin, flüchtend vor den Kids. Ich habe mir natürlich überlegt, die beiden darüber zu informieren, aber in dem Moment war mir meine eigene Sicherheit wichtiger. Sie wird auf jeden Fall weiter in den Iran fahren. Er wird morgen wieder zurückfliegen. Früher war er bei den UNO-Friedenstruppen (?) als Soldat, unter anderem in Algerien. Heute verdient er sein Geld mit Holzprodukten.
Die Fahrt ist anfangs recht unattraktiv, wird ab etwa der Hälfte aber sehr malerisch. An einer der Raststätten treffe ich ein junges Pärchen (ca. 25) aus Belgien, das ebenfalls mit dem Rad in den Iran will. Anscheinend scheinen die meisten Radler diese Hauptroute in den Osten zu nehmen. Denn kurz vor der Abfahrt sehe ich noch ein anderes Pärchen, das gerade angeradelt kommt. Und unterwegs kämpft einer allein gegen den heftigen Gegenwind. Dieser stört mich heute aber überhaupt nicht. Ich muss mich erst anstrengen, als der Bus in Erzurum ankommt und ich zusammen mit Anders in die Stadt fahre. Der Weg ist nämlich recht lang, der Busbahnhof liegt ziemlich außerhalb. Erzurum ist eine der kältesten Städte des Landes, sie ist auch bekannt als Skigebiet.
Suche nach dem Konsulat
Bei der Suche nach dem Konsulat frage ich mich in Hotels duch, die hier sehr zahlreich sind. Dabei merke ich gleich, ob ich mich dort sprachlich verständigen kann und ob ich dort übernachten werde. Im Konsulat sagt man mir, ich müsse zuerst eine Referenznummer haben, um ein Visum zu erhalten. Das ist mir ganz neu. Mir wurde aus der Schweiz mitgeteilt, seit Mai gebe es ein neues Gesetz, wonach Einzelreisende wie ich, die mit dem Velo, Motorrad oder Auto einreisen, keine Referenznummer mehr benötigen. So erkundige ich mich bei einem jungen französischen Paar aus Lyon, das gerade seine Visa abgeholt hat, ob sie mir ein Hotel empfehlen können, in dem jemand Englisch spricht. Sie meinen, in ihrem spricht auch jemand Französisch, was mir ebenfalls recht ist. Um an die Referenznummer zu gelangen, empfehlen sie mir - wie schon andere zuvor - key2persia als auch Touran Zamin.
Ich versuche es aber erst noch mal beim Konsulat, allerdings erfolglos. Dafür treffe ich Jim aus den Niederlanden. Er hat gerade ebenso sein Visum abgeholt. Danach ist ein Großeinkauf dringend notwendig, da kommt mir der türkische Migros gerade recht. Am Abend treffe ich im Hotel noch ein weiteres Pärchen aus Lyon, das ebenfalls über Doğubeyazıt fahren will. Dabei erzähle ich ihnen natürlich von meinen Erfahrungen - mit der Einschätzung, dass es Pärchen besser geht als alleine fahrenden Männern.
Video
Den Ton kann man bei diesem Video auch abstellen und einfach den Sonnenaufgang zwischen dem Großen und dem Kleinen Ararat in Doğubeyazıt genießen.