Tag 066 - Lange Fahrt nach Kappadokien und erster Platten

MO, 01.06.2015 – Lange Fahrt nach Kappadokien und erster Platten

Keskin – Göreme

 

Lange Fahrt bis Kappadokien

Heute ist das erste mal, dass ich von der Sonne aufgeweckt werde, die in mein Bett scheint. Ich muss früh weg, wenn ich Kappadokien heute noch vor Dunkelheit erreichen will. Denn es sind knapp 200 Kilometer, die ich hinter mich bringen muss. Trotzdem wird es kurz vor 8, bevor ich losfahre. Das Wetter ist bis 12 wie am ersten Tag der Tour: sonnig, aber frisch. Wenigstens fahre ich die ersten 45 Minuten sehr schnell und habe eine Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp über 30 km/h. Warum, weiß ich auch nicht. Weder habe ich Rückenwind noch geht es bergab. 90 Minuten später sind es knapp unter 20 km/h. Das liegt daran, dass ich wie so oft bei dieser Tour Gegen- und Seitenwind habe, es bergauf und bergab geht. Wenigstens kann ich die Landschaft genießen. Bei dieser Durchschnittsgeschwindigkeit bleibt es auch. An einer Raststätte fragen mich zwei junge Türken (ca. 25), ob sie sich zu mir setzen können. Einer von ihnen sagt, er sei Kapitän. Sie fragen – die Antwort schon ahnend – ob ich auch Türken auf meiner Tour treffe, die ebenfalls mit dem Velo unterwegs sind. Bisher habe ich, abgesehen von der großen Gruppe in der Ukraine noch keine Tourenradler getroffen, sondern nur erfahren, dass kurz vor mir welche da waren. Ein sehr nettes, aber auch kurzes Gespräch, denn die beiden müssen wieder in den Überlandbus einsteigen. Was ich wie bei meiner ersten Türkeireise 2003 schon komisch finde ist, dass sofort nach der Ankunft eines dieser Busse an großen Raststätten jemand kommt, der den Bus rundum abspritzt und sauber macht, obwohl er gar nicht dreckig ist. Einen klaren Sinn kann ich darin nicht erkennen. An der Raststätte habe ich erneut den Eindruck, dass etwa 50% der Türken rauchen, und zwar in großen Mengen. Egal, ob jung (ab 15) oder alt, ob Mann oder Frau. Für mich sieht das kompliziert aus: in der einen Hand die Zigarette, in der anderen die Handtasche oder der Gebetskette bzw. das Lenkrad. Das muss man gezwungenermaßen mal kurz das Smartphone zur Seite legen, was aber nicht alle machen.

 

Platten kurz vor dem Ziel

Ich erreiche Kappadokien und mir wird klar, dass ich heute endlich – wenn auch knapp – vor der Dunkelheit ankommen werde und mein Zelt auf dem gleichen Platz in Göreme wie 2007 aufbauen kann. So fahre ich kurz vor Gülşehir nach links ab, um nicht die gleiche Strecke wie damals erneut fahren zu müssen. Allerdings kommt mir da zuerst die Straße, die zwar eben, wegen dem schlechten Teer aber sehr holprig ist, und zweitens der heftige Gegenwind in die Quere.

 

 

 

Kurz nachdem ich die ersten Fotos von den Kappadokien prägenden Tuffsteinen gemacht habe, komme ich mit dem Rad schlecht voran. Ich halte an und merke, dass ich hinten einen Platten habe. Heute morgen habe ich noch daran gedacht, dass noch Einiges auf meiner Tour passieren könnte, ein Platten aber eher nicht. Bei meinen bisherigen großen Touren hatte ich gerade mal einen, nämlich 2007 (am 84. von 102 Tagen). Also versuche ich mein Bestes, damals hat es ja auch sehr gut geklappt. Allerdings ist der Wind so heftig und die Situation so blöd, dass ich nur ein sehr kleines Loch finde und flicke. Darauf pumpe ich den Schlauch auf und packe meinen Sachen wieder. Kurz danach ist die Luft aber wieder draußen – kein Wunder bei der Belastung durch das Gepäck. Wäre das einige Minuten vorher passiert, hätte ich mein Zelt zwischen den Felsen aufgebaut und dort übernachtet. Beim Blick zurück kann ich diese aber nicht mehr sehen und ich laufe vorwärts Richtung Avanos, das auf dem Weg liegt. Mir bleibt nur die Möglichkeit, es per Anhalter zu versuchen. Schon nach kurzer Zeit bleibt Muk (ca. 30) stehen. Er hat sein Auto aber vollgeladen mit seiner Geliebten, einer Freundin, die er gerade vom Flughafen abgeholt hat und deren Vater. Er meint, ich solle es weiter per Anhalter versuchen, gibt mir für den Notfall aber seine Nummer. Ich probiere es weiter für eine gute halbe Stunde und laufe dabei weiter. Ein Traktorfahrer hält an und macht mir klar, dass er mich in die andere Richtung mitnehmen könne, nicht aber das Velo und Gepäck. Ein weiterer sagt mir nur, bis Avanos seien es noch 10 Kilometer. Mir ist das klar, aber was soll ich denn bitteschön machen? Auch er kann mir nicht weiterhelfen. So schreibe ich Muk, der mich eine halbe Stunde später abholt und nach Göreme bringt. Ich sage ihm, dass ich eigentlich auf einen Zeltplatz wollte, es inzwischen aber schon dunkel ist und mich vor allem der starke Wind stört. So würde ich auch gerne in ein Hostel gehen, allein schon wegen meiner verdreckten Hände (wichtiger Ratschlag für Velofahrer: nehmt Einmalhandschuhe mit! Ich wusste das schon vorher, habe sie aber vergessen). Zufällig ist er Besitzer eines solchen und bringt mich dorthin. Die Preise sind – Kappadokien ist eine der Hauptattraktionen der Türkei – extrem niedrig. Ich komme in ein Vierbettzimmer im Untergeschoss, das sehr angenehm ist. Ein bisschen sieht es aus wie eine Felswohnung, vielleicht war es sogar mal eine. Dusche und WC sind außerhalb, das ist aber kein Problem für mich. Außerdem sage ich, dass ich gerne mit dem Ballon über Kappadokien fahren würde und zwei Herren organisieren mir nach langem Rumtelefonieren eine erste Fahrt für morgen früh. Abgeholt werde ich dafür heute Nacht um 3:45. So habe ich doch noch mal Glück gehabt. 174 Kilometer mit dem Rad, ca. 15 Kilometer mit dem Auto und morgen früh eine Ballonfahrt.

 

 

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