Tag 046 - Rechtzeitige und überraschende Ankunft in Istanbul
DI, 12.05.2015 – Rechtzeitige und überraschende Ankunft in Istanbul
Pınarhisar – Istanbul
Geringe Hoffnung, Istanbul heute noch zu erreichen
Schon beim Frühstück sehe ich, dass der Wind heftig von Istanbul her weht. Raus aus der Stadt wird mir klar, dass ich das heute auf keinen Fall schaffen kann, wenn der heftige Gegenwind weiter so bläst. Selbst wenn ich schon um 5 Uhr morgens losgefahren wäre, würde ich es kaum bis Mitternacht schaffen, und das ohne Fahrpause. Da ich mich noch mal erkundigt habe, ist mir auch klar, dass es praktisch keine andere Möglichkeit gibt, nach Istanbul zu kommen. Eine Zugverbindung gibt es so gut wie gar keine und Busse nehmen einen oft nicht mit, da sie keinen Platz für Velos haben. Wenn, dann werde ich meine Eltern also erst morgen früh sehen. Nach einer Stunde dreht sich der Wind und ich fahre längere Strecken wenigstens meine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h. Danach dreht sich der Wind immer wieder. Unterwegs hole ich mir eine Pizza und einen Börek, um Zeit fürs Einkaufen und das Zubereiten des Essens zu sparen.
Viele sprechen einen hier an, damit man ein Foto von ihnen macht. Wenn das innerhalb von kürzester Zeit mehrere sind, nervt es. Ich mache die Tour zwar, um Leute kennen zu lernen, nicht aber, um jeden Trottel zu fotografieren und mich und meine Tour vorzustellen. Viele pfeifen einen auch von der Ferne an und erwarten, dass ich zu ihnen komme. Dazu habe ich heute weder Zeit noch Lust. Zwischendrin sind Straßenabschnitte, die in spätestens 15 Jahren so aussehen wie die in Moldawien, sollte man sie nicht ausbessern.
Transport nach Istanbul im PKW
Auf der Höhe von Subaşı ändert sich dies schlagartig: Auf ein Mal bin ich auf einer mehrspurigen Bundesstraße, auf der ich den ganzen Seitenstreifen für mich in Anspruch nehmen kann. Einfahrten gibt es von hier ab wenige und die werden auch kaum benutzt. Da es gegen Abend wieder ziemlich frisch wird, ziehe ich mir zusätzlich eine lange Hose an und sogar eine zweite Jacke. Die Bundesstraße wird von Verkehrsaufkommen und Geschwindigkeit immer mehr zu einer Autobahn. Das kenne ich von meiner ersten Velotour nach Istanbul 2007, damals war es aber wenigstens noch hell und die Verkehrsschilder waren eindeutiger. Heute ist es anders, ich weiß nicht mehr, ob ich auf der richtigen Spur bin und in wieweit der Weg mit meiner Karte übereinstimmt. Denn hier sind überall Baustellen, Brückenköpfe ohne Anschlüsse, abgeschnittene alte Straßen etc.
Zum Glück hält vor mir ein Auto, in dem ein junges Pärchen sitzt. Sie können zwar kein Englisch, es ist ihnen aber trotz dem ohrenbetäubenden Autoverkehr bald klar, wo ich hin will. Eigentlich will ich nur, dass sie mir sagen, wie ich weiterfahren soll. Sie haben aber die spontane Idee, mich mitsamt Rad und Gepäck einzupacken. Und nach mehreren Versuchen gelingt das sogar. Bei der etwa 45 Minuten dauernden Fahrt habe ich etwas Angst. Nicht um mich, sondern um die Fußgänger. Wir fahren durch sehr viele enge Gassen.
Hüseyin Ersin ÜN ()
Treffen mit meinen Eltern
Um 22:30 Uhr zwischen der Hagia Sofia und der Blauen Moschee abgeladen, finde ich das Hotel meiner Eltern dank meiner kleinen Zeichnung auf Anhieb. Nach einer herzlichen Berüßung sage ich, dass ich wegen der Preislage erst noch nach einem Hostel suchen muss. Ich habe ja ein wenig darauf gehofft, dass mich meine Eltern zu sich ins Hotel einladen, anstatt dass ich mir noch eine Unterkunft suchen muss. Das tun sie glücklicherweise auch. So richte ich mich dort schnell ein und gehe nach einer Dusche zu meinen Eltern ins Restaurant zum Essen, wo wir uns über meine Reisen und Istanbul austauschen. Danach gehe ich mit meiner Mutter auf die Terrasse des Hotels, ziehe dabei zum zweiten Mal während meiner Tour lange Unterhosen an, dazu die Winterjacke. Die letzten Tage hat es hier wohl ziemlich gewindet, kalt war es ebenso. Den Plan, meinen Eltern Winterklamotten mitzugeben, kann ich jetzt vergessen. Ich traue dem Wetter überhaupt nicht.