Tag 039 - Kurze, aber schöne Fahrt zu einer Nehrung

DI, 05.05.2015 – Kurze, aber schöne Fahrt zu einer Nehrung

Odessa – Zatoka

 

Gute und  schlechten Nachrichten

Erst mal die guten: Ich fahre heute endlich weiter.

Die schlechten Nachrichten:

- Wie meistens fahre ich erst spät los.

- Kurz nach Beginn bemerke ich, dass der Tacho schon wieder nicht funktioniert, lasse ihn aber noch herrichten. Ich gehe davon aus, dass es nicht das letzte mal sein wird, dass angeblich alles in Ordnung damit ist, er aber wieder aussetzen wird.

- Der Wind lässt einfach nicht von mir ab. Wie die letzten Tage habe ich fast nur Seiten- und Gegenwind, meine Nase läuft wieder. Somit hatte ich eine niedrige Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 18 km/ h und komme lächerliche 73 Kilometer vorwärts. Und ich fahre nicht mal den direkten Weg, obwohl es bis Istanbul schnell vorwärts gehen muss, damit ich meine Eltern dort noch treffe - sie werden am 13. Mai zurückfliegen. Durch den Wind ist es kälter als am ersten Tag meiner Tour. So habe ich heute zum dritten oder vierten Mal die lange Radhose an.

- Ich habe es nicht geschafft, meine Tourtradition fortzusetzen, lokales Bier zu probieren. An dem einen Abend in Tiraspol (Transnistrien/ Pridnestrovie) habe ich es verpasst, mir eines zu kaufen und habe es in Odessa einfach nirgends auftreiben können (ich glaube, es heisst „CK“). Die haben nicht mal gewusst, dass die dort ihr eigenes Bier haben.

 

Unsicherer Weg

Wie üblich bei den Wegen raus aus Großstädten habe ich mir einen kleinen Plan auf einen Zettel gezeichnet, wie ich fahren muss. Allerdings komme ich damit nicht weit und suche mir Hilfe: Ein junger Mann hilft mir mit seinem Smartphone weiter. Eine junge Frau, eine Biologiedozentin, die sehr gutes britisches Englisch spricht, erklärt mir den genauen Weg und schreibt mit einen Zettel mit der etwaigen Übersetzung „Ich suche den Weg nach Oleksandrivka. Bitte helfen sie mir weiter. Vielen Dank“. Etwas verfahren tue ich mich trotzdem, denn hier gibt es kaum Wegweiser, in den Dörfern sowieso nicht. Eigentlich will ich irgendwie nach Oleksandria. Ich bin mir sehr unsicher, ob mein Weg überhaupt stimmt. Schließlich macht mir kurz vor einem Hafen ein LKW-Fahrer auf Ukrainisch lange klar, wie ich fahren muss. Nach mehrmaligem Fragen wird mir klar, dass es geradeaus auf dem Weg zum Hafen nicht weitergeht, wenn ich nach Oleksandria will. Weil ich jetzt schon lange genug auf mir unsicheren Wegen unterwegs bin, fahre ich nach Malodolynske freiwillig den Umweg über die Bundesstraße. Dort muss ich mir nicht immer wieder Gedanken machen, wo ich bin, eine mir kaum bekannte Schrift entziffern und überlegen, was ich bei der nächsten Abbiegung machen werde.

 

 

Nehrung von Zatoka

Schließlich komme ich zur Nehrung von Zatoka, wobei der erste Abschnitt viel dörflicher aussieht und noch nicht von Touristen erobert worden zu sein scheint. Aber ich entschließe mich, noch weiterzufahren, da ich vorwärts kommen muss. Ein Fehler. Denn es ist dort ein meist abschreckend typisches Touristendorf mit Strand. Es gibt hauptsächlich Häuser, die nur für Touristen errichtet worden sind: Restaurants, Cafés, Verkaufsstände, Geschäfte usw. Aufgrund des miserablen Wetters ist aber nichts los. Es gibt mehr Hunde als Besucher, weswegen ich mich auch dagegen entschließe, eine eigentlich gute Unterkunft im Freien zu nutzen. Entgegen meinen Grundsätzen entschließe ich mich dazu, wieder für eine Unterkunft zu bezahlen, nämlich für das einzige Hotel. Es erinnert mich hier an meinen letzten Abend meiner Rheintour. Damals war es aber immerhin Sommer und ein paar Grad wärmer. Und nicht so windig, dafür aber etwas regnerisch.

Davor gehe ich aber noch Pizza essen. Die eine Bedienung ist sehr freundlich und informiert mich ein wenig übers Hotel. Die andere ist eigentlich auch in Ordnung, verhält sich aber so, wie ich es von italienischen Restaurants kenne. Sie hat nichts Besseres zu tun, als mir, dem fast einzigen Gast, den Teller gleich nach dem letzten Bissen wegzuschnappen. Ein meiner Ansicht nach sehr unfreundliches Benehmen. Denn eigentlich heißt dies: du hast fertig gegessen und der Tisch soll für neue Gäste frei werden – außer du bestellst noch was Neues. Dabei ist hier heute wirklich nichts los. Die vielen Angestellten haben nichts zu tun und hüllen sich in Decken, weil es durch den Wind so kalt ist.

Im Hotel bin ich der einzige Gast. Hier zahle ich fast so viel wie für die ganzen letzten Nächte in Odessa zusammen. Im Zimmer ist es auch nicht viel wärmer als draußen, aber es windet immerhin nicht. Am Abend bin ich ziemlich kaputt vom Gegenwind auf der kurzen Strecke.

 

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