Tag 33 – Letzte Fahrt auf dem Schotterweg
DO, 1. August 2013 – Letzte Fahrt auf dem Schotterweg
Sigulda (Segewold) – Cēsis (Wenden)
Nach einem noch späteren Start entscheide ich mich dazu, weiter auf dem Europaradweg R1 auf einem Schotterweg zu fahren – eine Fehlentscheidung. Die Landschaft ist hier zwar sehr schön, der Weg aber ein Grauen. Er ist nicht nur schlecht, zum Teil sogar beschissen. Dabei habe ich Glück – bei Regen wäre es unerträglich, hier zu fahren. Wie gewohnt bei Schotterwegen kann ich nicht auf die Seite schauen, sondern nur auf den Weg direkt vor mir. Immer wieder gibt es Spurrillen, bei deren Passieren alles vibriert und man Kopfweh bekommt. Ab und zu gibt es am Straßenrand wenigstens dünne Sandstreifen, auf denen man gut fahren kann. Unterwegs treffe ich unerwartet zwei Tourenradler (Anfang 30) – zum zweiten Mal auf dieser Tour. Natürlich wieder Deutschsprachige. Und zwar aus Zürich. Sie fahren durch das Baltikum, wobei sie vorhat, noch ein wenig länger zu bleiben. Sie raten ebenfalls von dem weiteren Befahren des unzumutbaren Radweges ab und verweisen mich auf die Fähre etwas nördlich von Līgatne. Der weitere Weg dorthin ist aber irgendwann nicht mehr beschildert und es ist völlig unklar, wo es weitergeht. So frage ich in einer der kleinen Häuseransammlungen einen Jungen (ca. 10), der sehr gut Englisch spricht, wo es denn weitergeht. Er sagt, ich solle auf diesem Seitenweg bleiben und schickt mich in den Wald. Der Weg ist zum Teil sehr uneben und viel zu grün, als dass er öfter benutzt wird. Im Wald selbst muss ich Schranken umfahren und mir als Radfahrer verbotene Wege betreten. Doch ich vertraue der Aussage des Jungen, der ja hier ansässig ist. Nach einer knappen halben Stunde und großer Unsicherheit erreiche ich die Fähre tatsächlich. Doch auch hier ist nach der sehr kurzen Überquerung des Flusses nicht klar, in welche Richtung es geht, ob nach rechts oder nach links. Ich entscheide mich für die Fahrt nach links und fahre erneut auf einem grausigen Schotterweg. Erst nach dem Befragen eines Paares (ca. 40), welches hier mit dem Bus unterwegs ist, erfahre ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Inzwischen scheint es unmöglich, mein heutiges Ziel zu erreichen und ich entschließe mich dazu, in Cēsis (Wenden) Rast einzulegen. Dort hilft mir ein junges Pärchen (25-30) bei der Suche nach einer Unterkunft, sie kommt von Cēsis selbst, er aus Genf. Den späten Abend verbringe ich noch mit einem längeren Spaziergang durch die Altstadt. Die beleuchteten Wasserstrahlen fotografiere ich 5 Sekunden bevor sie eingestellt werden und eine halbe Stunde bevor es heftig anfängt zu regnen.
Wie gesagt: nur geteerte Straßen Lettlands sind zumutbar. Dass ich mich heute freiwillig darauf eingelassen habe, den Schotterweg zu fahren, wird hoffentlich das letzte Mal sein. Heute bin ich die mit Abstand niedrigste Durchschnittsgeschwindigkeit der Tour gefahren. Und das, obwohl ich kein einziges Mal langsamer gefahren bin, um mir Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Schuld war allein der Schotter.