Tag 24 - Ankunft in Russland, Teil 1 (Königsberg)
DI, 23. Juli – Ankunft in Russland, Teil 1 (Königsberg)
Malbork (Marienburg) – Kaliningrad (Königsberg)
Um 11 fahre ich los. Mein heutiges Ziel ist klar: Kaliningrad (Königsberg). Da es von Anfang an windet, kann ich nicht besonders schnell fahren. Da ich aber über die Bundesstraße fahre, komme ich gut vorwärts. In Elbląg (Elbing), kurz vor der Grenze zum russischen Oblast Kaliningrad, wird gerade das gesamte Straßenbahnnetz neu verlegt. Ansonsten scheint mir dieser Ort wiederum mehr von Touristen als von Einwohnern bestimmt zu sein. Wenigstens kann ich hier mein letztes Zapienkanka, das polnische Baguette-Fastfood, genießen. So treffe ich auch auf Marek (Ende 20). Er hilft mir bei der Essensbestellung, da er gleich merkt, dass ich Deutscher bin und mit meinen paar Wörtern Polnisch nicht weiterkomme. Er hat in Trier zwei Jahre auf dem Bau gearbeitet. Er meint, es sei wohl nur für Deutsche typisch, so lange Strecken mit dem Rad hinter sich zu bringen. Für ihn selbst sind – bei täglichen Strecken – 5 Kilometer das Maximum des Zumutbarem. Zum Wetter meint er, dass es tagsüber oft windet, dafür aber in der Nacht windstill sei. Genau so wie es mir in den letzten Tagen aufgefallen ist.
Am 24. Urlaubstag schaffe ich es endlich, in ein mir unbekanntes Land zu reisen, nach Russland. Der Grenzübertritt stellt übrigens kein Problem dar. Wie 2007 von der Türkei nach Syrien rolle ich gemütlich an den Autoschlangen vorbei, um meinen Pass mit Visum zu zeigen. Der zuständige Zöllner schaut wie seine Kollegen in Syrien und Israel überflüssig lange in den Pass. Etwas Auffälliges oder Inkorrektes kann er dabei nicht entdecken, auch wenn er mehrmals kritisch und leicht überfordert die gleichen Seiten anschaut. Fragen tut er mich nichts. Wohl allein schon deswegen, weil es wohl keine Sprache gibt, auf der wir uns verständigen könnten.
Ab Russland fängt es gelegentlich an zu regnen, dafür habe ich aber öfter Rückenwind und komme so zügig vorwärts. Die Straße ist übrigens fast durchgehend hervorragend und die Autofahrer halten meistens genügend Abstand. Im Zentrum Kaliningrads spreche ich ein Pärchen (ca. 25) an, das Englisch spricht. Und das ist hier eher eine Ausnahme. Sie sind sehr hilfsbereit, finden für die nächste Umgebung nur das teure Kaliningrad Hotel. Da es windet und regnet, was laut dem Pärchen wohl oft der Zustand ist, gehe ich dort hin. 2.220 Rubel kostet die Übernachtung mit Frühstück. Das sind etwa 52 €/ 63 SFR – so viel habe ich noch nie für eine Übernachtung bezahlt. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein normal verdienender Russe eine solche Übernachtung leisten kann. Dafür schlafe ich direkt an einer der Hauptverkehrsachsen direkt neben dem Haus der Sowjets, höre Musik von unten oder nebenan, spüre deutlich die Spiralen der Matratze und meine Kleider nehmen über Nacht leicht den verrauchten Geschmack des Zimmers an.
In der Lounge komme ich ins Gespräch mit Sergej. Er ist so alt wie ich, kommt aus Moskau und ist heute ebenfalls zum ersten Mal hier – er ist auf Geschäftsreisen. Früher hat er mal Englisch und Deutsch auf Lehramt studiert. Ein bisschen Deutsch kann er noch, wir unterhalten uns aber auf Englisch, welches er auch für seinen Beruf nutzt. Nebenher telefoniert er mit seiner Frau, die mit den drei Töchtern daheim in Moskau ist. Er ist beruflich schon in vielen Ländern rumgekommen. So teure Hotels wie in Russland gibt es aber selten auf der Welt, meint er. Also ein guter Grund für mich, es morgen bis nach Litauen zu schaffen, wo die Preise anscheinend im grünen Bereich liegen.