Tag 11 - Friedhof als Ruhestätte
Tag 11 – MO, 09. Juli 2012: Friedhof als Ruhestätte
Straßburg – Wörth am Rhein – Leimersheim
Vermischung von Dialekten und Kulturen
Um die Gäste des Schlosses „Château de Pourtalès“ nicht zu erschrecken und somit vielleicht dem Betrieb zu schaden, stehe ich schon kurz nach Sonnenaufgang gegen 6 auf, um weiterzufahren. Der Start in den Tag ist sehr entspannt – bei strahlendem Sonnenschein vor einem Schloss aufwachen und die ersten Kilometer durch den Wald fahren. Dann folgen die Dörfer Gambsheim und, nach einigen Orientierungsproblemen, Dalhunden. Der notwendige Einkauf in einer Bäckerei und in einem Discounter beschert mir neue Erkenntnisse: Nicht nur in den Städten, auch auf dem Land mischen sich die Wurzeln der Bewohner. So braucht es einen nicht wundern, wenn man frühmorgens beim Bäcker einen jungen bärtigen Mann arabischer Herkunft mit langem Gewand sieht, der sich mit frischem Gebäck eindeckt. Nördlich von Straßburg fällt auch der Dialektwechsel ziemlich auf, ähnlich wie rechtsrheinisch in Deutschland. Die Sprachgrenze zwischen Alemannisch und Fränkisch ist auch im Elsass unüberhörbar. Und die Verkäuferin (ca. 55) des Discounters spricht mit mir und älterer Kundschaft elsässisch-fränkisch, mit den Jüngeren automatisch Französisch.
Letzter Abschnitt im Elsass und Fahrt in die Pfalz
Der nächste Streckenabschnitt geht total in die Hose, denn ich fahre zu weit nach Westen, nämlich nach Koenigsbruck – etwa 10 km westlich des Rheins. Grund dafür ist, dass ich einfach den Straßenschildern nach Beinheim, meinem nächsten Zielort, gefolgt bin. Obwohl ich ziemlich bald gemerkt habe, dass mit der Beschilderung etwas nicht stimmt, bin ich weitergefahren. Auf der Straßenkarte sieht die Strecke schnurgerade aus. Dass ich so weit abseits kommen konnte, liegt an den zahlreichen Baustellen und Umleitungen. Vielleicht hätte ich doch den Radweg entlang des Rheins ab Drusenheim nehmen sollen. Außerdem bestätigt sich hier meine bisherige Erfahrung: Auch mit Landkarte kann man sich heftig verfahren, jedenfalls ich. Ab Beinheim ist der Radweg wieder besser ausgeschildert und die Fahrt geht problemlos weiter. Wenige Kilometer später gibt es wieder eine Zäsur: Ich fahre an Lauterbourg vorbei, dem letzten französischen Ort meiner Tour. Und hier endet auch meine Karte. Weiter geht es durch Rheinland – Pfalz.
Übernachtung auf dem Friedhof
Das heutige Wetter ist wieder mal sehr gemischt. Da ich am frühen Abend keine Lust habe, weiter nach einem trockenen Plätzchen zu suchen und auch nichts in Aussicht steht, nehme ich die nächstbeste Möglichkeit für eine Übernachtung wahr: den Friedhof in Leimersheim. Ich habe auf Friedhöfen zwar schon Mittagsschlaf gehalten, eine ganze Nacht habe ich dort aber noch nie verbracht. Und da ich mich fast schon damit abgefunden habe, die Zeit auf meinen nächtlichen Unterkünften dieser Tour alleine zu verbringen, spricht auch nichts dagegen. Etwas ungeheuer ist mir aber schon. Nicht, weil hier Menschen begraben sind, sondern weil es mir etwas unangenehm, fast schon grenzwertig ist. Schlafen auf einem Friedhof hat aber einen Vorteil: Man schläft nur mit Toten, was heißt, dass man nicht vom Schnarchen aufgeweckt werden kann. Außerdem, wie mir später von priesterlicher Seite gesagt wird, spricht grundsätzlich nichts gegen diese Entscheidung. Und man wird sich der Begrenztheit der eigenen Existenz bewusst. Bevor ich mir meinen Schlafplatz aber einrichte, fahre ich eine kleine Strecke zurück an einen Baggersee, wo ich mich zur Erfrischung ins Wasser werfe. Um 21:30 kehre ich zurück auf den Friedhof.
Mit dem heutigen Zielort bin ich auf der Höhe von Karlsruhe, habe also die dritte Streckenplanung am Stück eingehalten.