Tag 49 - Ein wieder gefundener Adapter und ein nicht auffindbares Tal

SA, 19.Mai 2007 - Ein wieder gefundener Adapter und ein nicht auffindbares Tal


Avanos – Nevşehir – (kurz vor) Niğde

Gül erzählt mir sehr viel, ich kann aber nur einige Wortfetzen französisch verstehen. Deswegen beschäftige ich mich lieber damit, vor der Abfahrt noch möglichst viel von den Resten vom gestrigen Abend und Schokolade zu verdrücken.

Heute ist übrigens Feiertag der Jugend und des Sports. Vor allem aber: Tag des Gedenken an Mustafa Kemal Atatürk (1881-1938), dem Begründer der modernen Türkei. Und das will in der Türkei einiges heißen. Heute fallen sie noch mehr auf, die ganzen Flaggen und Symbole mit Atatürk und dem „Mondstern“.

Um 12:30 geht es endlich los. Allerdings nicht direkt. Trotz dem Durchsuchen von allen meinen Taschen habe ich nicht den Adapter für mein Batterieladegerät gefunden. Es gibt nur eine Möglichkeit: ich habe ihn gestern im Hotel in Göreme liegengelassen. Nicht aus finanziellen, sondern aus zeitlichen Gründen erscheint es mir lohnenswerter, ihn wiederzufinden als einen neuen zu kaufen.
Also beginnt eine doppelte Suche: Zuerst nach dem Hotel, dann erst nach dem Adapter. Das Hotel ist doch nicht einfach zu finden; zum Glück habe ich gestern noch ein Foto vom Besitzer gemacht und es in anderen Hotels gezeigt. Trotzdem bin ich eine Stunde auf der Suche, werde einfach in die falschen Hotels geschickt. Aber ich komme doch an und finde den Adapter in der Steckdose. Super!
Ich unterhalte mich noch mit dem jungen Chef (ca. 25); erzähle ihm kurz von meinen Plänen, mit dem Bus in den Südosten, in den kurdischen Teil der Türkei zu fahren. Er meint, er selbst sei als Soldat in Diyarbakır gewesen und hält die Stadt und die Gegend für sehr gefährlich. Und er hat dort ein paar Kurden umgebracht, es seien dort ja sowieso alle von der PKK. Eine Diskussion darüber habe ich mir erspart. Sicher bin ich kein Experte für das Thema Kurden – mein Gesprächspartner meiner Vermutung nach aber auch nicht. Und wenn so viele Türken die Kurden nicht mögen, so stellt sich für mich doch die Frage: Warum überlasst Ihr den Kurden nicht, wie im Vertrag von Sèvres (1920) festgelegt, ihre Siedlungsgebiete zur Selbstverwaltung? Könntet ihr euch dadurch nicht einen Haufen Arbeit und Ärger ersparen? Oder sind es unter Umständen vielleicht wirtschaftliche Interessen, dort zu bleiben? Ansätze einer Antwort werde ich wohl nach meinem Aufenthalt in Hasankeyf bringen können.

Weiter geht die Fahrt. Ich begebe mich auf die Suche nach dem “Love valley”, die leider ergebnislos bleibt. Auch wenn man drei Karten von einem Gebiet hat, nützt es einem gar nichts, wenn keine der anderen entspricht. So gab es von Anfang an Hinweisschilder in Richtung Uçhisar, leider aber kein einziges auf das "Love valley", obwohl jedes andere bescheuerte Tal ausgewiesen war. Am Schluss wurde ich wieder genau dorthin geschickt, wo ich heute früh losgefahren bin. Dort stand ich sogar in der Einfahrt des gesuchten Tals – ohne Orts-/Hinweisschild – und habe einen ortsansässigen Autofahrer gefragt. Der hat mich aber 15 km weitergeschickt. Das Radfahren kann in der Türkei manchmal ganz schön frusten, wenn man bei der Frage nach dem Weg hin- und hergeschickt wird. Meine Nerven und die Motivation sind jetzt zu aufgebraucht, noch im "Love valley" vorbeizuschauen. Über die ganzen Höhen und Tiefen wieder zurück? Nein, danke!

Eine Nacht in Avanos
Eine Nacht in Avanos
Kappadokien
Kappadokien
Göreme
Göreme
Göreme
Göreme
Blick auf eines der Täler
Blick auf eines der Täler
Noch ein Tal
Noch ein Tal
Tal 3
Tal 3
Felswohnungen
Felswohnungen

 

Also fahre ich einfach geradeaus Richtung Süden.


Da ich schon spät dran bin (ca. 19:30), entschließe ich mich spontan dazu, in einem noch im Bau befindlichen kleinen Haus zu schlafen, das ein paar Meter entfernt von der Strasse steht. Seine zukünftige Nutzung wird mir nicht ganz klar: für eine Tanke zu klein, für ein Wohnhaus zu abgelegen. Kurz nach dem Ausbreiten meiner Isomatte huscht etwas durch den Eingangsbereich: es wird ein Tier sein, klar. Welche Art aber, wird mir nicht deutlich. Es ist verdammt schnell vorbeigehuscht, hatte mindestens vier Beine (trotz Helligkeit nicht genau erkennbar), hat einen kräftigen Oberkörper und war etwa 5 cm groß. Als ich den Raum betrete, in das das seltsame Wesen sich verkrochen hat, raschelt es unter einem Berg an abgelegten Sachen. Hat irgendjemand eine Ahnung, um was es sich hier handelt? Ich nicht, aber sicherheitshalber schlage ich die Flucht ein und breche bei angebrochener Dunkelheit wieder auf.

Gegen 21 Uhr erreiche ich kurz vor Niğde eine Tankstelle, an der ich die Gastfreundschaft der sehr guten Art erlebe: Es wird mir ein anscheinend unbenutztes Büro angeboten, in dem ich schlafen kann. Einen Schlüssel bekomme ich auch noch dazu. Einen Tee bekomme ich natürlich auch noch angeboten, die vielen üblichen Fragen werden aber unterlassen. Echt locker und angenehm! Einfach dasitzen, Fernsehen schauen und ruhen.

 

Nevpehir
Nevşehir
Unterwegs
Unterwegs
Abends in der Tanke
abends in der Tanke
 
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